Das individuelle Bildnis des Menschen hat im Laufe der Jahrhunderte wechselnde Konjunkturen erlebt. Ungeachtet des Vorwurfs der Kunsttheorie, bloße Naturnachahmung zu üben, behauptete sich die Porträtmalerei als eine zentrale Aufgabe der Kunst. Immer wieder hat es Maler gegeben, die mit hinreißenden Bildnissen gerade dieser Gattung zu höchstem Ruhm verhalfen. Von van Eyck, Raffael, Dürer, Holbein, Tizian, Hals, Rembrandt, van Dyck, Velázquez, Goya, Ingres über van Gogh und Picasso bis hin zu Max Beckmann und Andy Warhol reicht die Reihe jener Künstler, deren Werke hier besonders folgenreich gewirkt haben. In der vorliegenden Auswahl von Meisterwerken sind die verschiedenen Kategorien - offizielles Porträt und Herrscherbildnis, Privatporträt, Gruppen- und Freundschaftsbild, Künstler-Selbstbildnis und Rollenporträt, als Brustbild, Kniestück oder Ganzfigur - gleichermaßen präsent. Die Reihung und Gegenüberstellung der Gemälde soll zugleich den Blick schärfen für künstlerische Grenzen und Möglichkeiten, für Konventionen und Erfindungsreichtum bei der Aufgabe, im Abbild des Menschen dessen individuelle Persönlichkeit zu erfassen. Dabei geht es nicht nur um die Physiognomie, sondern auch um die Inszenierung von Ambiente und Accessoires, die als integraler Bestandteil des Bildnisses gelten dürfen. Die unterschiedliche Art, ein Modell in den verschiedenen Stilepochen ins Bild zu setzen, erweist sich immer auch als beredter Ausdruck eines zeitgemäßen Selbstverständnisses, als Leitmotiv der Kultur- und Kunstgeschichte.